Wann: 11. September 2019, 19:00 Uhr
Wo: Amerlinghaus, Galerie, Stiftgasse 8, 1070 Wien
Wenn Strache auf Ibiza ausplaudert, wie er, einmal ins Amt gewählt, dieses dazu nutzen wird, seine persönliche Macht und die seiner Partei im Staat zu mehren, für passende geschäftliche Connections genauso zu sorgen wie für eine auf Linie gebrachte, nämlich gekaufte Presse:
Dann kann man ihm pure Machtgeilheit vorwerfen. Sollte dabei aber nicht vergessen, dass Straches besoffene Machtphantasien sich auf die ganz nüchtern zu konstatierende Machtvollkommenheit des Amtes gerichtet haben, die ganz legal jedem zukommt, der es innehat.
Man kann bei Strache empört die Gesinnung der Verantwortung – für „uns“, „das Land“, das „Allgemeinwohl“ – vermissen, die man als Bürger von den Machtinhabern doch verlangen darf. Oder sich daran erinnern, dass diese selbst es sind, die ihre Macht über das Land und seine Bewohner als „Verantwortung für“ sie inszenieren und per Wahlstimme honoriert kriegen wollen.
Und wenn dem seriösen Kanzler Kurz nach zwei Jahren „guter inhaltlicher Zusammenarbeit“ mit dem nun in die aufgestellte Falle getappten Koalitionspartner einfällt, wie schwer der es ihm schon die ganze Zeit gemacht habe, und dass „Ibiza!“ nun endgültig gar nicht geht:
Dann kann man das als bloß wahltaktischen Umgang mit dem Skandal, als durchsichtiges Absetzmanöver von einem moralisch diskreditierten Ex-Koalitionär und Machtkonkurrenten durchschauen und verachten. Sollte sich dann aber vielleicht auch mal fragen, ob einem nicht das ganze immergleiche Prinzip dieser Art politischer Skandale zuwider ist:
Der eine Konkurrent um die Macht lässt sich dabei erwischen, dass alle moralische Glaubwürdigkeits- und Vertrauenswerbung dafür da ist, die Leute in die Wahlkabine zu quatschen, also die Zustimmung der Regierten zum Regiment über sie einzuholen, dessen ganzer Reiz darin besteht, dass man es dann frei und rücksichtslos ausüben kann. Und ausgerechnet diese Klarstellung inszeniert der andere Konkurrent als den Beweis dafür, dass er ganz glaubwürdig alles Vertrauen verdient – für haargenau dieselbe Sache! Er stilisiert sich zum Führer, für den das eigene Machtmonopol der höchste Wert und das schönste Versprechen an seine Landsleute ist. Die schätzt er offenbar als Untertanennaturen – und dafür ausgerechnet will er von ihnen gewählt werden.
Sprechen diese menschlich-moralischen Qualitäten der Polit-Elite also wirklich gegen deren Eignung für die höchsten Ämter der Republik? Oder sprechen sie Bände über diese Ämter und über die Herrschaftsform namens Demokratie, in der auch noch jeder politische Skandal umstandslos als Argument für die Wahl solcher Typen taugt – die also perfekt funktioniert?