Wir laden ein zu Vortrag und Diskussion:
Als Gegenstand des Wahlkampfs eignet sich auch dieses Jahr mal wieder alles, nämlich alles, was die um die Wahlstimmen konkurrierenden Parteien aufgreifen, aufwerfen, also zum Thema machen: Von der Absage eines Taylor Swift Konzertes, der Mindestsicherung einer Migrantenfamilie, der Frage des „leistbaren Wohnens“ bis zum „Gender-Verbot“ usw. Fragt sich nur was Inhalt all dieser „Sachthemen“ ist, wenn sie genauso wie die Politikervisagen auf den Wahlplakaten immer für das einsilbige Kreuzel bei der richtigen Partei stehen?
„Mit Herz und Hirn“ verspricht die SPÖ sich vor allem der sozialen Frage anzunehmen. Dafür will sie gewählt werden. Weil sie fest damit rechnet, dass auch unter ihrer Regierung soziale Nöte für die Leute vorgesehen sind, die sie dann mit ganz viel Herz und Verstand betreuen will? Weil die kostengünstige Betreuung von einschlägig Betroffenen, also die staatlich organisierte Einweisung in die und Verwaltung der bekannten und gefürchteten Notlagen eine ewige Herausforderung an das Hirn kompetenter Politiker vom Schlage eines Babler ist? Die deswegen in Ordnung geht, weil der Mann dabei auch Herz zeigt?
„Leistung muss sich lohnen“ fordert die ÖVP und will dafür gewählt werden. Weil besagte Leistung sich für die große Mehrheit der Bevölkerung im Lande nicht lohnt? Weil diese Leute das Angebot von Überstunden, die sie nach Vorstellung dieser Partei bald nicht mehr versteuern müssen, also schwer nötig haben? Lohnend also jedenfalls für die Leute, die die Überstunden gemäß ihrer Geschäftskalkulation vorsehen und anbieten? Ist der Zuverdienst durch Überstunden so gesehen ungefähr das gleiche wie der Gewinn, den sie lohnend machen?
Einen Volkskanzler Kickl bietet die FPÖ. Und verspricht ihrem Wahlvolk damit gleich gar nichts anderes als den Wahlsieg, den sie gegen die „Systemparteien“ erringen will. Oder doch ein bisschen mehr? Das zwischen einem Kanzler Kickl und seinem Volk dann endgültig kein Blatt Papier mehr passt? Dass es für diese schöne Identität nichts weiter als einen Wahlsieg, Kickl also auch nichts anderes zu versprechen braucht? Beziehungsweise das eine dann doch: Was immer auch ein Kickl seinem Volk anordnet und aufdrückt, es darf sich dank der Schlecht(er)behandlung von Ausländern mit ihm einig wissen. Ist es also so gemeint, dass die Wahl dem Volkskanzler genau die Freiheit des Regierens verschafft, die das liebe Volk als Ausfluss seiner Wahlentscheidung dann genießen darf?
Die Grünen versprechen mit „Vernunft und Zuversicht“ das Klima zu schützen. Und wollen dafür gewählt werden. Weil auch die Erderwärmung für ein Kreuz auf dem Wahlzettel gut ist? Weil bei grüner Regierungsbeteiligung die dann anfallenden Schäden an den natürlichen wie sonstigen Lebensbedingungen wahlweise dem Koalitionspartner oder der Vernunft der nun mal eingerichteten Notwendigkeiten anzulasten sind? Ein Grünwähler also auf jeden Fall Zuversicht haben kann, dass nur die Schäden eintreten werden, die die Grünen nicht abwenden konnten?
Die NEOS sind eine „Reformkraft“ und wollen als solche gewählt werden. Weil sie gar nicht zu sagen brauchen, was sie für welchen Zweck reformieren, d.h. von oben neu ordnen und anordnen wollen? Weil das eh klar ist? Dass etwa die Rechnungen staatlicher Verwalter eines Pensionssystems in die richtige Hände gehören, nämlich derer, die sie dann mit aller Kraft, d.h. mit ihrer durch das Wahlkreuz legitimierten Macht, gegen die Leute durchsetzen?
Angesichts der guten Umfragewerte der FPÖ versprechen die anderen Parteien „den Kickl zu verhindern“ – jede jeweils besser als alle anderen –, indem sie den Rechten keinen Raum geben, also konsequent die fremdenfeindlichen Maßnahmen versprechen durchzusetzen, die sie sowieso im Programm haben. Die FPÖ verhindern soll der Wähler, indem er mit seinem Kreuz dazu beiträgt die anderen Parteien zu ermächtigen, ihn zu regieren, also das anzuordnen, was die so an die Macht gebrachte Koalition sich vornimmt. Aber was anderes steht ja auch nicht zur Wahl.
Fürs Wählen gibt es also viele Gründe; nur keinen einzigen guten. Den konkurrierenden Bemühungen um die Stimme der Bürger ist durchaus zu entnehmen, bei wem – wenn schon nicht beim Wähler – der Nutzen der alle paar Jahre neu angesetzten Veranstaltung liegt.
Darüber wollen wir diskutieren.